Kein Regelfahrverbot nach StVO Novelle ? Verstoß gegen das sog. Zitiergebot

von Rechtsanwalt Christl

Kein Regelfahrverbot nach StVO Novelle ?  Verstoß gegen das sog. Zitiergebot

Erst kürzlich haben wir Sie über die sog. StVO-Novelle informiert. Nunmehr könnten viele Betroffene von einem Verstoß gegen das sogenannten Zitiergebot profitieren.

In der Präambel der 54. Änderungsverordnung – der „fahrradfreundlichen StVO-Reform“ – wurden bei Erlass der Verordnung nicht alle zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen genannt wurden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte – zwar in einem anderem Zusammenhang – schon in seiner Entscheidung vom 06.07.1999 (2 BvF 3/90) geurteilt, dass ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz S. 3 Grundgesetz (=GG) zur Nichtigkeit der Verordnung führt. Das Bundesverfassungsgericht ist bei einem Verstoß gegen das Zitiergebot wegen dessen Funktion streng! Danach führt der Verstoß zur Nichtigkeit der Verordnung. Unerheblich ist, dass es sich bei dem Verstoß wahrscheinlich um ein rein redaktionelles Versehen handelt, das seinen Grund im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren hat. Die Änderungen bei den Fahrverboten sind nämlich erst auf Initiative des Bundesrats nachträglich in die Verordnung aufgenommen worden.

Vorliegend wurden hier zwar unter anderem § 26 a Abs. 1 Nr.1 (neue Verwarnungen) und Nr. 2 (neue Bußgelder) StVG genannt, nicht jedoch der § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StVO, was für eine wirksame Erweiterung der Regelfahrverbote durch § 4 BKatV aber unseres Erachtens unbedingt notwendig gewesen wäre.

Daher liegt bei der aktuellen Änderung unseres Erachtens eindeutig ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor. Die Beachtung des Zitiergebots ist eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung und nicht bloß eine reine Ordnungsvorschrift.

Der Verstoß führt wegen des Verfassungsrangs des Zitiergebots zur Unwirksamkeit von Anfang an (ex tunc).

Dies umfasst nur die nachfolgend aufgezählten Fahrverbotsregelungen des § 4 Abs. 1 BKatV, so dass folgende neue Regelfahrverbot nicht verhängt werden können:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen von 21 km/h bis 30 km/h innerorts
  • Geschwindigkeitsüberschreitungen von 26 km/h bis 40 km/h außerorts
  • Nichtbilden der Rettungsgasse als Grundtatbestand (ohne Behinderung/ohne Gefährdung)
  • Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte (alle Tatbestände)
  • Gefährliches Abbiegen

 

Schon im Jahr 2010, bei der damals als „Schilderwald-Novelle“ bekanntgewordenen Gesetzesänderung wurde eine Ermächtigungsgrundlage für neue Verkehrsschilder falsch zitiert. Damals musste Bundesverkehrsminister Ramsauer die Nichtigkeit erklären und hatte die weitere Geltung des alten Rechts deklariert.

Das Gleiche könnte nunmehr geschehen.

Die Nichtigkeit der Neuregelung hat zur Folge, dass die Verteidigung frühzeitig darauf aufmerksam machen kann, dass die oben benannten Taten weiterhin zwar mit den neuen Bußgeldsätzen, aber eben nicht mit einem Regelfahrverbot geahndet werden können.

Alle Betroffenen eines Bußgeldverfahrens mit Tattag ab dem 28.04.2020 sollten Folgendes beachten:

Anhörung:

Befinden Sie sich in einer Anhörungsphase wegen einer vorbenannten Ordnungswidrigkeit, sollte die zuständige Bußgeldstelle nach Kenntnis der Nichtigkeit die bisherigen Regelungen anwenden, die hier kein Regelfahrverbot vorsahen. Ihr Bußgeldverfahren zwar nicht eingestellt, sollte allerdings auf Basis des § 4 BKatV in der alten Fassung angewandt werden. Gerne stehen wir Ihnen hier unterstützend zur Seite.

Nach Erlass des Bußgeldbescheids:

Wurde bei Ihnen bereits ein Bußgeldbescheid erlassen, so sollten Sie unbedingt die 14-tägigen Einspruchsfrist nutzen, um einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen und eine Änderung der Rechtsfolgen durch Aufhebung des Regelfahrverbotes verlangen.

Rechtskräftiges Bußgeldverfahren – Fahrverbot aber noch nicht angetreten

Aber selbst wenn Sie bereits rechtskräftig verurteilt wurden, das Fahrverbot aber noch nicht angetreten haben, gibt es Möglichkeiten. Hier stehen wir Ihnen sehr gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Rechtskräftiges Bußgeldverfahren – Fahrverbot befindet sich bereits in der Vollstreckung

Bei einem bereits in der Vollstreckung stehenden Fahrverbot sollten Sie sich schnell anwaltliche Hilfe holen. Auch hier gibt es ggf. noch Chancen, die Aufhebung der Entscheidung und die Herausgabe des Führerscheins zu erreichen.

 

Für Fragen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Christl

Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

Fahrverbote bereits bei geringeren Geschwindigkeitsüberschreitungen

Kein Regelfahrverbot nach StVO Novelle ?  Verstoß gegen das sog. Zitiergebot

Erst kürzlich haben wir Sie über die sog. StVO-Novelle informiert. Nunmehr könnten viele Betroffene von einem Verstoß gegen das sogenannten Zitiergebot profitieren.

In der Präambel der 54. Änderungsverordnung – der „fahrradfreundlichen StVO-Reform“ – wurden bei Erlass der Verordnung nicht alle zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen genannt wurden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte – zwar in einem anderem Zusammenhang – schon in seiner Entscheidung vom 06.07.1999 (2 BvF 3/90) geurteilt, dass ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz S. 3 Grundgesetz (=GG) zur Nichtigkeit der Verordnung führt. Das Bundesverfassungsgericht ist bei einem Verstoß gegen das Zitiergebot wegen dessen Funktion streng! Danach führt der Verstoß zur Nichtigkeit der Verordnung. Unerheblich ist, dass es sich bei dem Verstoß wahrscheinlich um ein rein redaktionelles Versehen handelt, das seinen Grund im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren hat. Die Änderungen bei den Fahrverboten sind nämlich erst auf Initiative des Bundesrats nachträglich in die Verordnung aufgenommen worden.

Vorliegend wurden hier zwar unter anderem § 26 a Abs. 1 Nr.1 (neue Verwarnungen) und Nr. 2 (neue Bußgelder) StVG genannt, nicht jedoch der § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StVO, was für eine wirksame Erweiterung der Regelfahrverbote durch § 4 BKatV aber unseres Erachtens unbedingt notwendig gewesen wäre.

Daher liegt bei der aktuellen Änderung unseres Erachtens eindeutig ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor. Die Beachtung des Zitiergebots ist eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung und nicht bloß eine reine Ordnungsvorschrift.

Der Verstoß führt wegen des Verfassungsrangs des Zitiergebots zur Unwirksamkeit von Anfang an (ex tunc).

Dies umfasst nur die nachfolgend aufgezählten Fahrverbotsregelungen des § 4 Abs. 1 BKatV, so dass folgende neue Regelfahrverbot nicht verhängt werden können:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen von 21 km/h bis 30 km/h innerorts
  • Geschwindigkeitsüberschreitungen von 26 km/h bis 40 km/h außerorts
  • Nichtbilden der Rettungsgasse als Grundtatbestand (ohne Behinderung/ohne Gefährdung)
  • Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte (alle Tatbestände)
  • Gefährliches Abbiegen

 

Schon im Jahr 2010, bei der damals als „Schilderwald-Novelle“ bekanntgewordenen Gesetzesänderung wurde eine Ermächtigungsgrundlage für neue Verkehrsschilder falsch zitiert. Damals musste Bundesverkehrsminister Ramsauer die Nichtigkeit erklären und hatte die weitere Geltung des alten Rechts deklariert.

Das Gleiche könnte nunmehr geschehen.

Die Nichtigkeit der Neuregelung hat zur Folge, dass die Verteidigung frühzeitig darauf aufmerksam machen kann, dass die oben benannten Taten weiterhin zwar mit den neuen Bußgeldsätzen, aber eben nicht mit einem Regelfahrverbot geahndet werden können.

Alle Betroffenen eines Bußgeldverfahrens mit Tattag ab dem 28.04.2020 sollten Folgendes beachten:

Anhörung:

Befinden Sie sich in einer Anhörungsphase wegen einer vorbenannten Ordnungswidrigkeit, sollte die zuständige Bußgeldstelle nach Kenntnis der Nichtigkeit die bisherigen Regelungen anwenden, die hier kein Regelfahrverbot vorsahen. Ihr Bußgeldverfahren zwar nicht eingestellt, sollte allerdings auf Basis des § 4 BKatV in der alten Fassung angewandt werden. Gerne stehen wir Ihnen hier unterstützend zur Seite.

Nach Erlass des Bußgeldbescheids:

Wurde bei Ihnen bereits ein Bußgeldbescheid erlassen, so sollten Sie unbedingt die 14-tägigen Einspruchsfrist nutzen, um einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen und eine Änderung der Rechtsfolgen durch Aufhebung des Regelfahrverbotes verlangen.

Rechtskräftiges Bußgeldverfahren – Fahrverbot aber noch nicht angetreten

Aber selbst wenn Sie bereits rechtskräftig verurteilt wurden, das Fahrverbot aber noch nicht angetreten haben, gibt es Möglichkeiten. Hier stehen wir Ihnen sehr gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Rechtskräftiges Bußgeldverfahren – Fahrverbot befindet sich bereits in der Vollstreckung

Bei einem bereits in der Vollstreckung stehenden Fahrverbot sollten Sie sich schnell anwaltliche Hilfe holen. Auch hier gibt es ggf. noch Chancen, die Aufhebung der Entscheidung und die Herausgabe des Führerscheins zu erreichen.

 

Für Fragen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwalt Christl

Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

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